Kolloquium SS 2001

Medien in der Geschichte
(veranstaltet von Fabio Crivellari, Uwe Goppold, Marcus Sandl)

Im Zuge medientechnischer Erfüllungsphantasien haben skurrile Zukunftsvisionen unterschiedlicher Wertzuschreibung Konjunktur. Der Mensch wird als grundsätzlich digitalisierbar begriffen und bewohnt künftig nicht mehr Haus und Garten sondern eine Festplatte. Heilsbotschaften und apokalyptische zenarien verdunkeln als Teile einer selbstreferentiellen Mediendebatte den Blick auf das, was den aktuellen Medienwandel technisch bestimmt. Die Frage ist, ob wir es tatsächlich mit einem Medienwandel zu tun haben, ob die Kategorien von Fortschritt und Untergang hier greifen oder ob sie nicht vielmehr die charakteristische Begleitmusik klassischen medientechnischen Übergangs darstellen, wie sie beispielsweise schon die Geschichte des Buchdrucks begleitete.Deshalb fragt das Kolloquium anhand ausgewählter historischer Beispiele 1.) nach Rhetorik und Medienbegriff, mit dem die Debatte um neue Medien arbeiteten und womöglich noch immer arbeiten, 2.) nach dem „revolutionären“ Effekt, der der Einführung diverser Medien wie Buchdruck, Foto, Film und Computer von ihren Zeitgenossen aber auch seitens der Mediengeschichte zugeschrieben wurde und 3.) ob diese revolutionäre Funktion einer historischen Überprüfung standhält. Schließlich – und diese Fragestellung ist bereits These – soll 4.) untersucht werden, ob das Reden über Medien trotz aller historischer Nuancen mit einer Struktur der longe dureè beschrieben werden kann, in der Technik- und Kulturskepsis bis hin zu einer grundlegenden Ansicht über die Position des Menschen in der Welt offen oder versteckt mitlaufen. Schließlich kann 5.) über einen solchen Zugang eventuell ein eigener Medienbegriff gefunden werden, der unabhängig von den technischen Funktionen des Speicherns, Übertragens und Veränderns das „Medium“ als einen Komplex unterschiedlicher aber beschreibbarer Perspektiven operationalisierbar macht. Die Veranstaltung richtet sich in erster Linie an fortgeschrittene Studierende aus den geisteswissenschaftlichen Fächern.

Zurück?