Proseminar Die Stadt im 16. Jahrhundert Die
Geschichte des Stadtbürgertums kann als Erfolgsgeschichte bezeichnet
werden. Im Verlauf der vergangenen Jahrhunderte hat die bürgerliche
Lebensform sämtliche Bereiche der Gesellschaft erreicht und sie nach
ihrem spezifischen Normenkatalog gestaltet und verändert. In scheinbarem
Widerspruch zu dieser Entwicklung wurde jedoch vor allem von Historikern
des 19. Jahrhunderts ein radikaler Niedergang des mittelalterlichen
Städtewesens in Deutsch-land konstatiert, der primär am Verlust der
politischen Autonomie vormals mächtiger mittel-alterlicher Städte und
am vermeintlichen Verfall "bürgerlicher Werte" festgemacht wurde. Dieses
Verdikt ist in der modernen Geschichtswissenschaft relativiert worden:
Die Erweite-rung des bislang allein rechts- und verfassungsgeschichtlichen
Beobachtungshorizontes u.a. um sozial-, wirtschafts-, kirchen- und kulturhistorische
Perspektiven erlaubt ein differenzierteres Urteil hinsichtlich der Entwicklungsgeschichte
der kommunalen Gemein-wesen in Deutschland. Verschiedentlich werden
sie nunmehr gar als republikanische Keim-zellen in einer ständischen
Welt, als Vorreiter eines deutschen Parlamentarismus gesehen. Ziel des
Proseminars ist es, die Grundstrukturen der politischen und sozialen
Ordnung der Stadt, ihre Rolle im Reformationsgeschehen sowie ihr Verhältnis
zum Reich und zu den sich entwickelnden Territorialstaaten zu untersuchen.
Neben der obligatorischen Lektüre von Sekundärliteratur wird hierzu
auch die Arbeit an ausgesuchten Quellen wesentlich sein. Gegen Semesterende
soll danach gefragt werden, ob sich die im Proseminar gemeinsam erarbeiteten
Ergebnisse hinsichtlich der politischen Ordnungsprinzipien frühneuzeitlicher
Städte in einer explizit formulierten politischen Theorie des 16. Jahrhunderts
wiederfinden lassen. So soll den Teilnehmern der Veranstaltung die Möglichkeit
gegeben werden, die aktuelle Forschungsdiskussion um einen etwaigen
deutschen Republikanismus in der Frühen Neuzeit zu verfolgen und zu
beurteilen. Einführende
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